Nachhaltigkeit und Fotografie – Geht das?

Die Antwort lautet: Ja, das geht – und zwar auf ganz viele verschiedene Arten.

Wie bei allem im Leben liegt der Teufel im Detail. Aber zunächst möchte ich erläutern, was in diesem Zusammenhang mit nachhaltig gemeint ist. Ich spreche nicht von wirtschaftlicher Nachhaltigkeit (obwohl ich natürlich denke und hoffe, dass alle unsere Unternehmungen nachhaltig sind). Es geht darum, wie man sich als Fotografin dafür entscheiden kann, nachhaltig zu sein und die entsprechenden Business Massnahmen diesbezüglich zu treffen.

Was braucht ein Fotograf in erster Linie, um zu arbeiten? Natürlich, Kameras und Objektive. Während die Produktion dieser Kameras und Objektive in Bezug auf Nachhaltigkeit grösstenteils ausserhalb unseres Einflusses liegt, ist die Qualität des Produkts entscheidend. Die meisten Hersteller im professionellen Bereich verwenden hochwertige Materialien, so dass Linsen bei guter Behandlung fast ewig halten können, ohne zu viel an Qualität zu verlieren. Kameras auch, aber es kann notwendig sein, die Verschlüsse nach einigen Jahren auszutauschen, da dies die am stärksten gefährdeten Teile sind.

Vor diesem Hintergrund ist es absolut kein Problem, Kameras und Objektive aus zweiter Hand zu kaufen. Es gibt viele etablierte Geschäfte, die geprüfte und überarbeitete, aber zuvor verwendete Hardware anbieten. Es ist nicht wichtig, die neueste / grösste / beste Kamera auf dem Markt zu haben – wichtig ist, dass man damit umgehen kann, die Technik beherrscht und seine Fähigkeiten trainiert. Selbst die beste Kamera kann schreckliche Bilder machen, wenn der Fotograf keine Ahnung von Komposition, Beleuchtung und der Funktionsweise der Kamera hat.

Heutzutage würde man das vielleicht “Vintage” nennen, ich nenne es “zuvor geliebt”. Natürlich kann man sein Equipment auch auf Online-Flohmärkten kaufen, die auf Fotoausrüstung spezialisiert sind (wie z.B. Facebook). Dort empfehle ich aber, das Angebot und die Funktionalität vorher eingehend zu prüfen. Das gleiche gilt natürlich, wenn etwas kaputt ist. Man muss nicht sofort eine neue Kamera oder ein neues Objektiv kaufen, sondern kann es meist zu vernünftigen Preisen reparieren lassen. Und der positive Nebeneffekt: der Kontakt zum lokalen Fotografie-Laden. Es versteht sich zudem von selbst, dass eine gute Versicherung für die eigene Kameraausrüstung zwingend ist, denn diese deckt meistens auch solche Reparaturfälle ab.

Fotografen, die sich für Nachhaltigkeit interessieren und einsetzen, werden wahrscheinlich auch Kunden in diesem Sektor anziehen oder anziehen wollen. Als Hochzeitsfotograf kann man sich z.B. einen Ruf schaffen, alle Miet- oder Second-Hand-Brautläden in der eignen Umgebung zu kennen, um seine Kunden zu beraten. Aber eine Hochzeit ist natürlich nicht nur das Kleid. Es ist eine Schlacht an Deko-Sachen, Catering, Hochzeits-Spielen, Blumen und Give Aways. Aber auch hier gibt es immer eine nachhaltige Option. Vielleicht kann man die Blumenarrangements in der Kirche oder am Apéro mit der nächsten Hochzeit am selben Ort teilen oder die Blumen mieten. Man könnte die Einladungs- und Dankeskarten auf Recycling- oder Ökopapier drucken lassen oder das ganze papierlos handhaben. Man kann entscheiden, auf Luftballons, Himmelslaternen oder anderes, was in die Umwelt ausgesetzt wird, zu verzichten und die eigenen Gäste bitten, kein Wurfmaterial aus Papier oder Glitzer zu verwenden. Selbst im Lebensmittelbereich gibt es Möglichkeiten. Zum einen kann man den Caterer aus der Umgebung wählen und bitten, lokale und saisonale Lebensmittel zu verwenden, zum anderen kann man im Voraus mit Foodsharing Kontakt aufnehmen, um auch die allfälligen Reste nicht wegzuwerfen.

Und wer heiratet heutzutage noch ohne Foto-Booth? Hunderte von Fotos werden direkt nach der Aufnahme ausgedruckt. Die meisten davon sind vielleicht nicht perfekt, und so probiert man es ein zweites, drittes, viertes Mal… Auch hier gibt es andere Möglichkeiten. So gibt es z.B. Foto-Booths, die die Bilder in eine Online-Galerie senden und allen Gästen Zugriff gewährt – sodass nur diejenigen Fotos heruntergeladen / ausgedruckt werden, die den Gästen wirklich gefallen.

Aber alle diese Dinge sind meistens nicht in der Entscheidungsgewalt der Fotografen – wir können nur beratend zur Seite stehen und Tipps geben. Was wir aber in der Hand haben, ist die Entscheidung über die Materialien, die wir selber für Druckprodukte wie Fotobücher, Karten, Fotodrucke usw. verwenden. Der nachhaltige Weg hier besteht darin, einen lokalen, klimaneutralen Drucker zu wählen, der all diese Produkte auf Recycling- oder Öko-Papier anbietet. Die Kunden werden den Unterschied normalerweise nicht erkennen, da diese Papiere von gleicher Qualität sind. Man kann sich auch entscheiden, auf allen bestellten Produkten und Lieferungen eine CO2-Kompensation zu tätigen oder eine nachhaltigere, ökologischere Lieferung zu wählen (Selbstabholung vor Ort, per Velo-Kurier usw.).

Ihr fragt euch jetzt sicher: Wie ist es mit Reisen für Foto-Aufträge? Egal, ob man als Hochzeits-Fotograf oder NGO-Dokumentarfotograf unterwegs ist (ich bin beides), das Reisen gehört einfach zum Job dazu. Natürlich gibt es aber auch hier für alles nachhaltigere Optionen. Abhängig vom Reise Ort (oder Kunden) ist eine Flugreise unumgänglich, da es keine praktikable Option mit dem Zug oder Fernbus gibt. Das Mindeste, was man hier z.B. tun kann, ist, den Abfall während dieser Reisen so weit wie möglich zu reduzieren, indem man z.B. eine eigene, wiederverwendbare Flasche, Mehrweg-Besteck und -Tassen mitbringt, um auf die Plastikbecher / das Besteck im Flugzeug verzichten zu können. Für kürzere Entfernungen kann man sogar das eigene Essen mitbringen und das eingewickelte Zeug im Flugzeug ablehnen. Eine CO2-Kompensation des Fluges gehört natürlich auch zum Standardprogramm und die eigene Flasche und das Mehrwegbesteck kann dann auch vor Ort verwendet werden, um nicht Einwegplastik nutzen zu müssen. Natürlich gibt es hier noch unendlich viele weitere Möglichkeiten, dies ist einfach ein erster Input.

Was ist mit Studiofotografie? Ich selbst habe auch ein Studio für Neugeborenen- oder Porträtfotografie – und es wird von uns erwartet, dass wir dafür stets viel Material wie Accessoires und Requisiten oder Hintergründe zur Hand haben. Aber natürlich gibt es auch hier einen nachhaltigeren Weg. Die Studioausrüstung (Lichter, Lichtstative, Posing Requisiten usw.) können einfach und günstig aus zweiter Hand aus einer der vielen Online-Fotografengruppen auf Facebook (zum Beispiel) erworben werden. Bei neuem Material achtet man sich natürlich auch hier möglichst auf lokale Händler. Vielleicht hat man ja aber auch eine Mutter/Grossmutter/Bekannte, die gerne strickt oder näht und im Auftrag diverse Materialien anfertigt – oder man ist selbst geschickt in diesen Dingen. Hin und wieder muss man natürlich die eigenen Materialien austauschen, um Variation bei den Bildern zu gewährleisten. Hier kann man leicht die gleichen Online-Gruppen bedienen wie beim Kauf.

Wichtig ist auch das verwendete Material natürlich. Ich wähle möglichst immer natürliche Materialien. Dabei verwende ich oft Dekomaterial, das ich auf meinen Streifzügen durch die Natur finde – wie Tannenzapfen, Muscheln, Nüsse oder Blätter. Und ich verwende wiederverwendbare Materialien aus Holz oder Bio-Baumwolle, damit man diese waschen und wiederverwenden kann.

Das gleiche gilt natürlich auch für sogenannte «Styled Shoots», also im Voraus definierte Aufnahmen zusammen mit Partnern und Models. Viele Fotografen nutzen diese Art von Aufnahmen, um ihr Portfolio aufzubauen. Am nachhaltigsten ist es hierbei, nach lokalen Anbietern für eine Zusammenarbeit zu suchen (Blumenläden, Make-up Artisten, Models, Foto-Locations etc.). Oder zumindest können Sie ihre Materialien, Kleidung und Requisiten gezielt für das Shooting anmieten.

Die Liste könnte man unendlich weiterführen. Das Wichtigste auf dem Weg, nachhaltige Fotografie zu leben ist, sich bei jedem Unterfangen die gleiche Frage zu stellen: Wie kann ich dies besser / gesünder / nachhaltiger machen?

Und zu guter Letzt: All dies hat einen grossen, positiven Nebeneffekt. Nein, eigentlich sogar zwei!

Zum einen wird man sich viel besser fühlen, wenn man weiss, man ist aktiv daran beteiligt, den eigenen Fussabdruck zu reduzieren. Und zweitens: Man kann dabei sogar Geld sparen, indem man eben gebraucht kauft oder Material mietet.